Das Buch “Die gereizte Frau” von Miriam Stein hat mich so gefesselt, dass ich es nicht aus der Hand legen wollte.
Das letzte Mal, dass ich mich selbst in einem Buch wiedergefunden habe, war 2017. Das Buch hieß “Die Wolfsfrau“, es ist die Bibel für Frauen, die mehr über den weiblichen Urinstinkt wissen wollen. Und bereit dafür sind, mit den Wölfen um die Häuser zu ziehen. Ich war es und ich tue es, es ist herrlich. Aber ich bin seitdem unbequem. Eben nicht so nett und beliebt, wie ich es früher war. Und manchmal geht es mir nicht gut damit.

Aktuell finde ich mich in dem Buch “Die gereizte Frau” wieder, denn ich bin auch eine. Und ich möchte hier in aller Deutlichkeit sagen, dass es ein sehr wichtiges Buch für uns Frauen ist. Natürlich ist der Inhalt an manchen Stellen eine soziale Provokation, aber das ist der Inhalt kluger Bücher meistens.
Die Autorin Miriam Yung Min Stein ist Journalistin, Buchautorin und Kulturchefin der deutschsprachigen Ausgabe der Harper’s Bazaar. Die Beschreibung ihrer Person schüchtert mich (doch keine) Wolfsfrau?) ein bisschen ein, aber wenn man das Buch gelesen hat, weiß man, dass Frau Stein hauptsächlich eine Frau ist. Egal wie lang und wie cool die Beschreibung von ihr und ihrer Tätigkeit ist, auch ihr Körper produziert Hormone. Oder – langsam, aber sicher – eben weniger Hormone.
Die gereizte Frau – schwankende Hormone ab 40
Im Buch geht es um eins meiner Lieblingsthemen: Wie lebt es sich so als Frau ab einem Alter von ca. 40 Jahren und mit schwankenden Hormonen.
Das Buch handelt auch von Veränderungen. Unsere Körper verändern sich und unser Mindset auch. Das verändert sich vielleicht (und hoffentlich) noch mehr als unsere Körper. Miriam Stein schreibt über die Perimenopause, die Menopause, was diese Zeit bringt. Leider schreibt sie nicht über die große Veränderung darüber, wie unsere Gesellschaft die Frau in den Wechseljahren sieht. Sie schreibt nicht darüber, weil es diese Veränderung nicht gibt. Hello, where is everyone?
Doch immer mehr Frauen arbeiten daran.
Unter all den verkehrten Bildern unserer Gesellschaft gibt es auch ein verkehrtes Bild eben dieser menopausalen Frau. Stell dir eine alte Schachtel vor, sie hat keine qualitativ guten Eisprünge mehr (oder sie hat wie ich gar keinen Eisprung mehr), sie ist also unfruchtbar, was natürlich unsexy ist. Weg mit allem, was unsexy ist, weg mit dieser Frau.
Außerdem ist sie oft genervt und meckern tut sie auch noch gefühlt ständig. Sie hat wilde, weibliche Vibes, damit kann nicht jeder Mann umgehen. Dabei wollen wir so sein, wie wir sein möchten, mehr nicht.

Ob diese Frau in den Wechseljahren wirklich unsexy ist, sei mal dahingestellt (ich fühlte mich noch nie sexier, als jetzt mit 48), aber die Frau ist schon oft gereizt.
Sie denkt nach und fühlt in sich hinein. Nach Jahren mit aufgeräumtem Hygge daheim, sauberen Kindern, gewupptem Job, entsprochenen Erwartungen, gekochtem Essen, gewaschener Wäsche, einer lecker riechenden und allzeit bereiten Frau soll der Mann, der Job, die Umwelt… eben dieser Frau auch mal was bieten. Was die Frau auch tatsächlich einfordert. Moments of pleasure.
Ab einem Alter von ca. 40 verändern sich die Hormone bei jeder Frau. Erst sinkt das Progesteron in den Keller, dafür überwiegt das Östrogen, das Testosteron ist auch schön stabil, aber irgendwann pfeifen auch diese beiden aus dem letzten Loch. Wenn die Hormone schwinden, lichtet sich bei der Frau so was wie ein Vorhang und sie bekommt einen völlig neuen Blick auf das Leben. Vor allem auf ihr eigenes Leben.
Eine unbequeme und gereizte Frau
Letztens fragte mich eine Leserin, ob es sein könnte, dass ihre Eheprobleme von den Hormonen/Wechseljahren kommen. Ihr Mann nervt sie nur noch, sie kann seine Nähe nicht ertragen, sie sieht immer mehr Trennendes und viel zu wenig Verbindendes zwischen ihnen beiden. Sie ist eine gereizte Frau.
Wahrscheinlich kommt dieser Durchblick durch die schwankenden Hormone, aber vielleicht war das alles schon früher da. Die Wechseljahre zeigen eben deutlich, wo es reicht. Und die Frau beginnt, Grenzen zu ziehen. Durch den hormonellen Wechsel wird sie gezwungen, ihre Bedürfnisse auf Platz 1 zu stellen. Sie merkt, was sie in ihrem Leben dringend ändern muss und möchte.
Ich denke, dass irgendwann im Leben ein Zeitpunkt kommt, an dem wir Frauen einfach unbequem für andere Menschen werden. Nicht nur für unsere Männer. Frauen über 40 werden seit Jahrhunderten als alte Schachteln, Schabracken, Furien und Hexen bezeichnet. Nicht weil wir wirklich völlig rumspinnen oder verrückt werden, sondern weil wir einfach keine Lust mehr haben, uns allen möglichen Scheiß zu geben. Wir wollen selbstbestimmt und frei leben und sehen rote Flaggen. Auf die wir zum ersten Mal achten. Und wir wissen, dass rote Flaggen nicht grün werden.
Progesteron & Östrogen
Ich bin letzten Januar 48 Jahre alt geworden. Meine Tage hatte ich das letzte Mal 2008*. Ich kann damit dealen, dass meine Eierstöcke so klein sind, dass man sie bei einem Ultraschall kaum erkennt. Ich stecke mir abends Progesteron in meine Vagina und sprühe mir manchmal Östrogen in die Ellenbeuge. Für mich ist das moderne Zauberei (doch eine Hexe?). Natürlich sehe ich, dass ich altere, meine Haare sind spröde und die Haut am gesamten Körper wirft komische Falten.
Ich schaue mir meinen Bauch im Schulterstand an und meine Oberschenkel im nach unten schauenden Hund. Vor 10 Jahren hätte ich bei diesem Anblick noch an eine Ganzkörperstraffung gedacht. Doch jetzt denke ich, dass ich einfach so aussehe und ich will mich nicht anders haben. Nur mit dem Botox mag ich noch nicht aufhören und meine Haare färbe ich auch.
Ich habe aufgehört, mich zu rechtfertigen, das ist sowieso das Verrückteste, was man tun kann. Wofür auch immer. Ich glaube, dass das Altern innen beginnt, wie so vieles, wie Frieden, Krieg oder die Meinung, dass Falten oder graue Haare nicht schön sind. Alles beginnt im Kopf. Ich halte mein Inneres sauber wie einen Aschram à la “Eat, Play, Love” – zur Not auf den Knien mit der Zahnbürste geputzt.
Nachts schwitze ich manchmal. Manchmal verliere ich meine guten Vibrationen. Ich habe Daybed Tage und möchte nur im Bett liegen bleiben. Vor einigen Monaten habe ich “Heidi Klum Wechseljahre” gegoogelt (Miriam Stein googelte übrigens J Lo und Wechseljahre) und nur was von “Traumkörper mit 48!” gefunden, sowie lauter Tipps, wie man sich jünger stylen kann. Dabei wollte ich nur wissen, ob Heidi nachts auch schon mal schwitzend neben Tom im Bett liegt.
Wenn niemand über dieses Thema spricht, fühlt man sich irgendwie nicht richtig.
Wieso reden weibliche Stars nicht über ihre Wechseljahre?
Tun sie, Stichwort Madonna. Ich liebe es, dass sie so glatt wie möglich altern möchte und ihr Boyfriend 28 ist. Sie gibt keinen Fuck, was andere davon halten. 2009 gab sie ihrer Freundin Rosie O´Donnell den Tipp, sich eine Hormonsalbe zu besorgen, als diese Wechseljahresbeschwerden hatte. Ich wünschte mehr Frauen hätten Eier wie Madonna. Hol dir bioidentische Hormone, ein Leben, das dir gefällt und lass andere über Frauen in den Wechseljahren denken, was sie wollen.
Und diesen Tipp gebe ich an jede von euch weiter.
Alles andere ist nicht unser Vibe, nicht unsere Affen, nicht unser Zirkus.
Also?
Shine now & lese “Die gereizte Frau”, denn sehr wahrscheinlich wirst auch du dich darin wiederfinden,
Doro
*Lian wurde geboren, die Mirena Hormonspirale wurde eingesetzt und als sie wieder rauskam, wollten meine Eierstöcke nicht mehr. Dass die Milena Frauen in vorzeitige Wechseljahre katapultieren kann, steht mittlerweile in der langen Liste der Nebenwirkungen der Mirena. 2007 stand es noch nicht drin. Ich bereue es, sie gehabt zu haben.
Empfehlung: Lives zum Thema Menopause bei Instagram
Liebe Doro, Tiptop der Post! Dem ist nix hinzuzufügen💞
Doro, du solltest einen eigenen Podcast haben 🙏🏼✨💞
Super !!!!!!
Einfach danke! 🙏
Wow😍 so toll geschrieben. Ein Podcast wäre richtig cool 😘
Autor
Gehen auch Live‘s bei Instagram 😂