Ein Update von uns, den Auswanderern: Lian rockt die Wellen, mein Mann fängt wegen der Zeitverschiebung eine Stunde früher an zu arbeiten und beschwert sich nicht darüber, ich schreibe und fotografiere gefühlt überall. Und fröne meinem Laster, dem Nachdenken. Ü-ber-all.
Außerdem habe ich Steinchen, Stöckchen und Muscheln gesammelt, füttere gerade meine Haustiere, die Ameisen, mit Brot und habe bei meinen Überlegungen herausgefunden, dass es nicht stimmt, wenn ich „Ich bin traurig/ wütend/ gestresst… usw.“ sage.
I am vs I feel
Ich bin das nämlich gar nicht, ich fühle nur gerade so. „Ich bin traurig“ und „Ich fühle mich traurig“, ist ein ziemlich großer Unterschied. Wer weiß, was ich da so aus Versehen manifestiert habe, weil ich morgens „Ich bin müde!“ gesagt habe und mich hochprozentig mit meinem Gefühl identifiziert habe. Auch wenn ich mich manchmal morgens lieber noch mal in meine Kissen kuscheln würde und mich noch kurz müde fühle, ist mein ICH überhaupt nicht müde, meine Grundstimmung ist hellwach, auch wenn ich schlafe.

(Meine Yogamatte gibt es HIER)
Habe nun 6 Tage hintereinander früh morgens 1,5 Std. Yoga bei Giulia geübt und dabei meistens das Nachdenken links liegen gelassen. Aber auch nach all diesen Stunden Yoga habe ich keine magischen Visionen gehabt, schade eigentlich. Ich meine, nach so viel Bewusstseinsarbeit könnte man doch zumindest ein bisschen Queen-of-fucking-everything-Feen-Feeling erwarten, oder nicht?
Was ich stattdessen bekommen habe ist Muskelkater an Stellen, die mir bisher nichts gesagt haben. Heute lag beim Yoga übrigens eine junge Frau neben mir, sie trug Leggings und einen knappen Sport BH und zeigte uns allen ihren Bauch. Sie hatte Kurven und scherte sich nicht darum, sie präsentierte uns, scheinbar ohne viel nachzudenken, ihre Bauchröllchen. Meine Matte lag direkt neben ihrer und hoffte, dass niemand meine lauten Gedanken hörte. Wir saßen mit geschlossenen Augen auf unseren Meditationskissen und ich schaute mit Augen auf halb acht immer mal zu ihr und ihrem Bauch rüber.
Sie begeisterte mich, ich liebte sie für ihre Natürlichkeit und die Selbstverständlichkeit, die sie an den Tag legte. Ich glaube, sie fand sich selbst bestimmt super, denn das kam so bei mir an. Vibes kann man nicht faken. Als es mir während der Stunde warm wurde, zog ich mein Tanktop aus und machte auch in meinem Sport-BH weiter. Und zeigte meinen Bauch. Es war für mich wie eine Mutprobe. Aber Mut ist ein Muskel, den man trainieren kann.
Jetzt denkt ihr vielleicht „Aber du bist doch schlank, wo ist hier die Mutprobe?“
Also ich wache nicht jeden Tag auf und denke „Oh du meine Güte! Was bin ich doch für eine Königin, immer ready to slay, her mit dem heißesten freakum dress für meinen göttlichen Body!“
Ich hatte mal schwere und mal leichte Zeiten, das zeigte sich stets in meiner Figur. Davon übrig geblieben ist Haut. Habe ich wohl deswegen keine Schwangerschaftsstreifen während der beiden Schwangerschaften bekommen? Mein Bauch kann sich ausdehnen wie so ein Luftballon. Aber wenn ich so in Katze-Kuh- Unterarmplank hinsehe, was ich ungern tue, hängt da so ein Mix aus schlaffer Haut und Speck runter. Und heute, inspiriert durch die junge Frau, ließ ich den Gedanken, dass mein Bauch nicht schön ist, los. Denn das ist er, vor allem meine Narbe über dem Bauchnabel, die ich jahrelang versteckt habe. Ich war stolz auf alles, was mein Bauch so leistet ihn und versprach mir selbst, ihn öfter anderen Menschen zu zeigen.
Das erfordert Eier, wenn man bisher andere Gedanken gewohnt war. Gerade bei Körperstellen, bei denen die Selbstliebe nicht immer so richtig chillig daherkommt. Man muss es schon sehr wollen und lernen, über Meinungen und Kommentaren zu stehen. Denn die werden kommen.
Erst letztens musste ich mir sagen lassen, dass meine Haarfarbe sich durch die Sonne verändert hat und mir nicht mehr steht. Dabei wurde mein Haar beim Body Boarden mit meinem Sohn von der Sonne liebevoll geküsst und meine Haarfarbe könnte nicht schöner sein. Aber kaum ist etwas anders, fühlen wir uns berechtigt, es zu bewerten und manche tun das eben auf Lautsprecher.
Ich möchte, dass es normal ist, unsere perfekten Körper zu zeigen, die nicht im Geringsten so aussehen sollten wie der Körper von Heidi Klum oder Pamela Reif (wobei ich beide Frauen gerne mag).
Wenn ich noch ganz viel Yoga mache oder mit dem Sonnenuntergang am Atlantik nachdenke, werde ich vielleicht diese Konditionierung in meinem Kopf loswerden, vielleicht wird es noch etwas dauern, hoffentlich nicht. Wenn noch mehr Frauen sich trauen, sich zu zeigen, wird es schneller gehen. Wer während der Ära der Supermodels aufgewachsen ist, weiß, was für einen Quatsch Frauen meines Alters in ihren Köpfen einprogrammiert haben.
Aber eigentlich ist das alles schrecklich unwichtig. Unsere Bäuche sind fein! Und auch unwichtig. Wir, das Schönheitsideal, die Industrie oder/ und so manche Kommentare von unsympathischen Menschen, z. B. bei Instagram, machen unser Aussehen viel zu wichtig.
Ich merke, ich hatte vielleicht doch heute eine magische Vision beim Yoga… Bäuche, Brüste, Hintern, Cellulite, Nasen, Ohren, Haare, Falten: Wir sind alle so viel mehr als unsere Körper. Merkt euch diesen Satz. Und haltet Ausschau nach Frauen, die nicht nur ihre Bäuche öffentlich voller Selbstverständlichkeit und Stolz vorzeigen. Das ist auch Yoga.
“Encouraging someone to be entirely themselves is the loudest way to love them” Kalen Dion
Und überhaupt, haben wir doch Sternenstaub in unseren Knochen, unsere Ahnen an unserer Seite und das ganze Universum in unserer Seele. Ich finde, wir sollten uns dementsprechend benehmen.
Shine now and look deeper for magic visions,
Doro
Schöner Beitrag, liebe Doro.
Ich war letztes Jahr am Strand von Rimini sehr beeindruckt von den italienischen Damen. Sie trugen mit einer Selbstverständlichkeit und Würde kleinste Glitzer- Bikinis – bei jeder Figur.
In ein paar Wochen bin ich wieder dort.
Ich werde meinen neuen Bikini (aber kein Glitzer …) und mein schlechtes Bindegewebe ausführen – so ist der Plan :-))
Hab noch eine schöne Zeit – deine “Auswanderer”-Fotos sind toll und inspirierend.
Liebste Grüße
Britt
Wie wunderschön geschrieben! Und du hast ja so Recht.