Von der Dankbarkeit und der Leichtigkeit

Am Sonntag lag ich auf einer gepolsterten Liege an einem See und hätte einiges dafür gegeben, auf meiner Decke am Gardasee zu liegen, unter mir spitze Steinchen, die sich ab und an in meine Haut bohren. Versteht mich nicht falsch, ich genoss den Tag am See sehr! Die Sonne schien, ich beobachtete kleine Segelbötchen und Katamarane, im Hintergrund lief leise Loungemusik und ich konnte mir jederzeit einen koffeinfreien Latte Macchiato holen, sogar mit Sojamilch, wenn ich wollte. Ein Traum, eine wunderschöne Oase der Ruhe. So perfekt.

Und da lag ich also, äußerlich ganz zufrieden, but innerlich fehlte mir das Echte. Und ich verstand mich selbst nicht wirklich, wie kann eine gepolsterte Liege mich Sehnsucht nach fiesen, kleinen Steinchen verspüren lassen? Gestern war da übrigens nicht nur die bequeme Liege, dort war auch ein Pool.

Und in diesem Pool, der eine angenehme Temperatur von 28 Grad hatte, gab es weder Fische noch Seeschlangen, die völlig in sich ruhend ihren Kopf aus dem Wasser streckten und mich beobachteten, wie ich anfing, voller Panik an Land zu schwimmen. Und wenn ich auf meiner weichen Liege einen dieser köstlichen Fior di Latte Kekse aß, die ich mir aus Italien mitgebracht habe, schaute mich keine Entenfamilie, inklusive flauschigen Küken, erwartungsvoll an. Wobei ich glaube, das sie immer nur den Keks anschauten.

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Verdammt, genieß dem Augenblick, schimpfte ich mit mir. Das sagt sich so leicht und klingt voll super nach Guru, aber ich brauche manchmal einen Moment. Und vielleicht auch eine erdende Badewanne voll Dankbarkeit. Ich rufe mir leise schimpfend ins Gedächtnis, wie gut es mir geht und hoffe, dass ich bald die Liege zu schätzen weiß, den Latte sowieso und hey, die nah gelegenen Toiletten erst recht! Seit Italien habe ich einen Master im ins Gebüsch pinkeln. Hach, schon wieder so ein Post mit TMI (too much Information). 

Haben Rosen Dornen oder sind es Dornen, die Rosen haben?

Ich habe mal ein Buch über Dankbarkeit gelesen und erfahren, dass uns ganz wundervolle Dinge passieren, wenn wir dankbar sind. Also wenn wir nicht nur dankbar für den Sechster im Lotto sind, sondern auch nur für das Wetter – egal welches -, die Decke, die uns nachts warm hält oder dafür, dass wir im Supermarkt um die Ecke alle nötigen Lebensmittel bekommen, außer natürlich, wenn sie aus sind. Aber selbst dann sollten wir uns nicht ärgern, sondern für die Fülle an anderen Lebensmitteln dankbar sein. Denn irgendwo anders auf der Welt haben Menschen nicht so viel wie wir… ihr wisst schon.

Also lag ich da auf meiner gepolsterten Liege, schaute auf die Segelbötchen, trank den koffeinfreien Latte mit Sojamilch, aß den viel zu süßen ups dankbar den Schokoladenkeks, der mit dem Latte kam und fühlte mich schlecht, weil ich nicht so dankbar war, wie ich es doch sein sollte. Manchmal bin ich so eine rebellische, krasse Queen der negativen Gefühle.

10 Minuten Bitch ist erlaubt

Ich war nicht stolz auf das, was da in mir drin passierte, auch wenn sich das hier vielleicht so anhört. Und dann las ich auch noch mein Buch zu Ende und anstatt dankbar zu sein, dass ich lesen kann und man mir das Buch sogar geschenkt hat, war ich etwas traurig. Denn ihr wisst ja selber wie das ist, wenn man eine gute Freundin verliert sich an die Protagonisten einer Geschichte gewöhnt hat. Und jetzt finde mal ein neues, schönes Buch!

Schrecklich, ich weiß. Ich beendete das letzte Kapitel, klappte das Buch mit einem Knall zu und beschloss, das Kapitel Italien ebenfalls zu beenden. Ja, die Haare liegen dort immer perfekt und man muss nicht putzen, wenn man dreimal in drei Wochen das Apartment wechselt und es ist so heiß, dass man nie großartig kochen will und so lebt man von Luft und Liebe, während die Hühner der Nachbarn fröhlich gackern und die Zikaden ein Konzert geben und man bekommt sehr viel Bio-Gemüse einfach so geschenkt und man erlaubt es sich, stundenlang nichts zu tun, außer zuzugucken, wie andere Steine auf dem See flitschen lassen. #Dankbar! Ach was, #BLESSED!

Grateful hearts are the most beautiful hearts

Denn all das war doch irgendwie nur in MIR drin. Die Freude über die Natur, die Leichtigkeit, das dolce far niente. Andere, die ebenfalls zur gleichen Zeit am Gardasee waren, haben es dort ganz anders wahrgenommen. Zu warm, zu kalt, zu voll und der blöde Hahn kräht auch jeden Tag mitten in der Nacht.

Also.

Verstehst du das? Liebe, Freude und Leichtigkeit kommt nicht von Außen, es ist immer nur in dir drin. Niemand kann ein Gefühl in dich rein machen. Und so wurde ich gestern doch endlich ein bisschen sehr dankbar für den Tag am See in Deutschland, für die Leichtigkeit, die ich aus dem Urlaub mitgenommen habe und dafür, dass ich all das einfach so erleben darf.

Gratitude helps you see what´s there, instead of what isn´t.

Shine now, let things come and let things go,

Doro

3 Kommentare

  1. Ela
    18. August 2020 / 2:38 pm

    Liebe Doro,
    ja, es fällt manchmal etwas schwer, nach ein paar solch wundervollen Wochen wieder zurückzukommen… alles hier kommt einem dann so “normal” vor, und so als hätte es den Glow verloren…
    Klar, der Glow in Italien (mein Italien heißt Griechenland) ist ein anderer… aber du hast schon recht. wenn wir versuchen, auch hier den Glow wahrzunehmen, dann werden wir doch automatisch wieder ein bisschen zufriedener. und das ist es doch, was wir WOLLEN. Und das mit dem “dankbar sein”, das ist es, was wir SOLLTEN. Nicht zuletzt, weil wir überhaupt- auch in dieser komischen Zeit – den besonderen Glow erleben durften…
    GLG mit ganz viel Glow, Ela

    • Dorota
      Autor
      18. August 2020 / 3:09 pm

      Absolut, Amen 🤍
      Und Ela! Ich danke dir für deine wundervollen Kommentare, ich freue mich jedes Mal so sehr, ich liebe deine Gedanken!
      Liebste Grüße,
      Doro

  2. 18. August 2020 / 9:58 pm

    Liebe Doro,
    Danke für diese Gedanken, die du mit uns teilst. Ja, so sind wir. So sind wir gestrickt. Zuletzt wohl mehr denn je?
    Ich hatte ja auf Covid getippt, als ich einen Tag happy und den anderen plötzlich einfach so, total grumpy war. Draußen rund um mich hatte sich nichts, aber rein gar nichts geändert. Was bleibt einem da, außer die eigenen Schwankungen zu beobachten.
    Das ist schon spannend, die eigenen Stimmungen so klar beobachten zu können. Die Seele ist 2020 schon sehr transparent gebettet. Macht den Umgang miteinander auch nicht leichter. >;-)
    Zugleich reißen sich alle z’am, eben im Wissen, dass wir innerlich permanent im rohe-Eier-Modus sind. Zumindest erlebe ich es so in Wien.
    Das Jahr zieht so an uns vorbei und wir bemühen uns, nicht wie das Kaninchen auf die Cobra (=aktuelle Fallzahlen, neueste Reisewarnungen) zu starren.

    So gesehen machen wir es doch toll, dass wir 2020 so richtig gute Tage erleben. Erlebt haben und auch weitere erleben werden. Ich freue mich auf die kommenden Tage am Wasser, Hauptsache Wasser! Abtauchen, auftauchen, beim Trocknen in den Himmel schauen, was die Kinder können, gelingt uns auch. Viele schöne Momente und baci aus Wien,
    Paula

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