Letzten Sonntag ging ich mit meinem Mann spazieren und als wir fast zu Hause waren sagte ich: “Komm, lass uns direkt loslegen. Dann haben wir es hinter uns”.
Er sagte: “Lass und warten, bis die Kinder im Kino sind, dann haben wir mehr Ruhe”. Ich verstand nicht: “Beim Putzen?” Er: “Ach so, ich dachte, du meintest Sex”.

Zuerst wollte ich gar nicht genau wissen, wie mein Mann darauf kommt, dass ich Sex „hinter mich bringen will“? Die Frage, ob es wirklich so war, traute ich mir gar nicht zu stellen. Denn: Was ist, wenn die Antwort ja lautet?
Carrie: Toller Mann, tolles Haus, tolle Beziehung – wir alle haben danach gesucht und du hast es gefunden. Stanford: Marcus und ich haben keinen Sex mehr gehabt, seit wir das Teeservice gekauft haben. Carrie: Gott sei Dank.
Manchmal ist es da, das Gefühl. Der Tag ausgefüllt bis obenhin, zwischendurch eingekauft, gekocht, die täglichen zwei (mindestens) Waschmaschinen angestellt, geputzt, die Monatskarte/ EC-Karte/ Schülerausweis von Kind A gesucht (nicht gefunden), Kind B den Dreisatz erklärt – nein Mama, wir sollen das anders machen (könnt ihr mir sagen, ob sie Mathe verändert haben?!/ WANN?/ ein kleiner Insider für alle, die “Die Unglaublichen 2” gehen haben) – erfahren, dass Kind A plötzlich gar keine Jeans/ Unterhose/ Socken/ Winterjacke besitzt (wo ist denn die Jacke, die wir letztes Jahr gekauft haben? Die ist bei… setze den Namen von Freund A/B/ oderrr Zäää ein). Zwischendurch sitze ich am Schreibtisch (oder wie gerade jetzt im Wartezimmer beim Frauenarzt) und versuche, einen kreativen und authentischen Post auf dem Blog zu bringen. Nein, ich erledige meinen Alltag nicht immer mit viel Leichtigkeit, perfekten Haaren und laufe nebenbei noch einen Marathon.
Ich erledige meinen Alltag mit viel Dankbarkeit. Und in Liebe. Aber für Sex, für diese Art der Liebe, reicht es bei mir manchmal nicht mehr aus. Irgendwann bin ich durch mit dem Tag. Kennt ihr das Gefühl, nur noch ein stilles Yoga und einen Tee zu wollen? Oder nur noch ins Bett? Ich liebe es, in meine Kissen und Decke gekuschelt zur Ruhe zu kommen und meine Gedanken ziehen zu lassen, kurz bevor ich einschlafe. Dabei ist Sex genauso schön oder sogar schöner und als Yoga allemal.
Es gibt diese komischen Zeiten im Alltag, da will ich mich nicht öffnen, ich will keinen anderen Menschen an mich ranlassen, ich will nur bei mir sein. Ich habe keine Ahnung, warum ich mich so daran festkralle. Ja, lass doch mal los Doro, lass dich doch mal fallen.
Carrie: Er ist eingeschlafen und ich hab Schwulenpornos geguckt. Samantha: Das kommt davon, wenn man einem Mann sagt: “Ich liebe Dich.”
Liegt es daran, dass ich zu viel tue? Schau, das kennst du jetzt vielleicht, denn wann bin ich schon allein mit mir, ohne Ablenkung, ohne Verpflichtungen und ohne den Gedanken an den Blog (Job/ Kinder/ Umstände), nur mit mir. Zum Glück ist es nicht immer so, aber es ist halt schon mal so. Und dann verwandle ich mich in Miranda, die mit Steve Sex hat und sagt, lass es uns hinter uns bringen (für alle, die SATC nicht gesehen haben: ihr habt was verpasst)? Nein, ich sage es nicht, aber das muss ich offensichtlich gar nicht.
Ich denke: Wie machen es meine Nachbarn? Die anderen Ehepaare, die wir kennen? Kennen sie das Gefühl? Schlafen sie miteinander? Wie oft? Und dann lasse ich doch los, ist doch egal, was andere machen.
Was zählt, ist die Verbindung, die Nähe, die Intimität. Die ist da, mal zu viel (ich glaube, Männer denken, dass zu viel nicht geht, aber vielleicht habe ich auch nur Vorurteile), mal genau richtig, mal zu wenig.
Maria: Das nennst du eine Beziehung haben? Samantha: Weißt du, es ist langweilig und der Sex wird immer weniger, also nach allem , was ich weiß, ja!”
Und es ist gut, wenn man den Faden nicht verliert. Liebe (und Sex) ist nicht der stets perfekte Moment (und perfekter Sex), Liebe ist nicht endlose Einheit (und endloser Sex).
Mein Mann sagte heute Morgen, wenn wir jeden Tag Sex im Überfluss hätten, dann hätten wir keinen Bock mehr darauf. Guck mal, Luke spielt jeden Tag Fußball, Training, Spiele, er liebt es. Aber manchmal (selten, aber immerhin) hat er keine Lust darauf. Viel in der Schule, hier ein Wehwehchen, hier ein Problemchen und die Lust auf Fußball vergeht selbst ihm manchmal. Wenn er mal eine Woche zu Hause bleibt, dann oh Mann. Er will nur noch eins, Fußball spielen.
“Du bist die eine für mich”, das hat mein Mann vor über 17 jähren gesagt und ich fühlte mich wie Carrie (die es damals noch nicht gab). Wie komme ich jetzt dazu, wie Miranda zu ticken? Vielleicht, ganz leise vielleicht, könnte ich ab und zu für etwas Zsa Zsa Zsu sorgen. Keine Mama, kein Papa, kein “fährst du mich”, kein “was gibt’s zu essen”, kein “wo ist mein zweiter Socken”. Stattdessen Schmetterlinge im Bauch, Verlangen, unter der Bettdecke kichern und einfach Liebe fühlen. Ihr wisst schon.
Shine now, Doro
Welch ehrliche Worte über ein viel zu oft totgeschwiegenes Thema. Sex im Alltag. Ich erkenne mich in Deinen Worten wieder und finde es toll, dass Du es so gut geschrieben für uns auf den Punkt bringst.
Autor
Wie schön! Lieben Dank ❤️ freue mich sehr, dass Dir der Artikel gefällt!
Ich glaube, ein Grund warum die Serie so gut angekommen ist, ist, daß man sich irgendwie mit allen vieren identifizieren konnte. Mal mehr mit der einen, in anderen Dingen mal mehr mit der anderen. Jedenfalls ist es mir so gegangen und ich finde das auch ganz normal! Mal ein bißchen Charlotte und mal auch ein bißchen Samantha. Wenn die Figuren in der Serie auch so gemischt gewesen wären, wie man selber, wäre sie nicht so unterhaltsam geworden 🙂
Jedenfalls ein schöner Post über Gefühle, die auch mal sein dürfen!
Autor
Danke liebe Nicole!
Liebe Doro. Ich möchte nur noch Beiträge in denen Du SATC zitierst. Ich liebe liebe liebe die Mädels. Und es ist die klügste Seid was Beziehungen angeht ever…und Du jetzt für mich auch. Danke? LG.Miri. PS. Ich sehe auf meinem Blog und Instagramaccounr immer so lieb aus und u schuldig nach Landmädchen aus…bin ich auch aber ich bin auch jede dieser 4 Mädels???
Liebe Doro!
Was für eine tolle Kolumne!!!! und genau das ist es! Eigentlich möchten wir 24/7 Carrie sein… Aber… Carrie hatte keine Kinder, deren Schülerausweis sie suchen muss oder mit denen sie Dreisatz üben muss… Keine Elternsprechtage (ich hasse den November alleine schon wegen diesen Nachmittagen in den Schulen!), und wenn sie Wäsche waschen musste, dann ging sie wahrscheinlich in den hippen Waschsalon um die Ecke und Mr Big kam vorbei! In diesen Momenten sind wir dann eben mal Miranda… Und sicher gibt es auch Momente, in denen wir wie Samantha sind (OMG) oder ein bisschen wie die brave Charlotte. GUT SO !!!!
Ich kann mich noch erinnern, dass ich gerade mit einem Neugeborenen heim kam und Miranda mit der Babyschale im Gepäck merkte, dass für sie gerade der eine oder andere Spaß vorbei ist. So ist das Leben manchmal.
Wichtig ist dein Aufruf am Ende: lass uns manchmal wieder Carrie sein!!!
In diesem Sinne…
Ab in den Waschsalon! (gibt es in meinem Kaff nicht mal…)
😉
GLG, Ela
Autor
Wow, dein Kommentar ist eine eigene Kolumne an sich, ich liebe ihn! Bitte gib öfter deinen Senf dazu ❤️❤️❤️ überhaupt ALLE SOLLEN DAS TUN! ?