Letzten Sonntag beim Yoga. Ich stehe am Anfang meiner Matte, habe die Augen geschlossen und die Hände im Namaste vor meiner Brust.
Und fühle mich super unwohl in meiner Haut. Aufgedunsen, als würde ich 5 Kilo mehr wiegen als sonst. Das Frauending, ihr wisst schon, Hormone. Wieso kann ich nicht einfach immer elfenhaft zart, wie die Instagram Yoga Community, sein? Heute fühle ich mich wie ein Elefant. Ich bin schlecht gelaunt.
Sauer, nur auf wen?
Meinen Körper? Irgendwie schon. Und mich. Weil ich mich schlecht fühle. Und dazu habe ich ja wirklich keinen echten Grund. Aber alles ist bleh, ich habe überhaupt keinen Bock auf Yoga und hasse meine Matte, weil sie kalt ist. Das blöde Ding lag die ganze Nacht im Auto.
Während meine Füße immer kälter werden, erzählt Frank, unser Yogalehrer, eine Geschichte. In der Stunde davor, übte die Klasse den Baum. Eine der Teilnehmerinnen hatte schwer mit der Balance zu kämpfen und fiel immer wieder aus der Asana raus. Es regte sie so auf, dass sie die folgenden drei Sätze laut sagte:
“Wieso kann ich das nicht?”
“Es macht mich total wütend, dass ich das nicht kann!” Dabei stampfte sie mit dem Fuß auf.
“Ich glaube, irgendwas stimmt nicht mit mir!”
Frank lachte ein heiseres Lachen. “So, meine Lieben, machen wir uns alle jeden Tag selber fertig. Wir erzählen uns glaubhaft, dass wir irgendwie falsch sind. Anstatt uns zu erlauben, so zu sein, wie wir wirklich sind.”
Bääms, der meint mich und die 5 kg Hormone. Meine schlechten Vibes sind eben überall.
Ich fühle mich erwischt, so als hätte er mich völlig durchschaut.
Gleichzeitig bin ich überrascht und will sofort über seine Worte nachdenken. Auch wenn man beim Yoga nicht denken soll. Pfff, ich pfeife drauf, wie kann ich NICHT darüber nachdenken?
Also Moment mal, meint er etwa, ich darf mich schlecht fühlen? Auch, wenn ich mich nicht schlecht fühlen sollte, denn naja, bla bla, ich habe ja keinen Grund, außer etwas Eitelkeit und Hormonen, die sich irgendwann wieder einkriegen. Ich meine, ich bin doch hohl und total oberflächlich, wenn ich mich deswegen schlecht fühle! Es gibt so viel Wichtigeres auf der Welt! Wie Gluten-Unverträglichkeit!
Was stimmt nicht mit mir? Oh, ich bin die Frau, die den Baum nicht kann. Hat die das nicht sogar laut ausgesprochen?
Schon viele Yogalehrer haben zu uns “alles in dir darf jetzt da sein” gesagt, aber ich habe es in dieser Stunde erst kapiert. Mir ist nämlich gar nicht klar, dass ich es mir nicht erlaube, so zu sein, wie ich bin. Also irgendwie. Ich finde mich toll, ich bin das Licht (nowshine hehe) und habe gute Vibes und dann liebe ich mich ja soooooo!
Aber manchmal bin ich eine oberflächliche, blöde Kuh Doro, die sich einen Sonntag morgen selber mies macht, weil sie zugenommen haben könnte (ok, jetzt habe ich es gesagt, ich hasse das Gefühl von zu viel Kilos auf meiner Hüfte) und genau diese Doro mag ich nicht. Ich mag nur die Superdoro (ja, ja, superdoofo).
Auch wenn ich es soooooo sehr will (und ich will es sehr sehr), ich bin nicht nur immer meine Heldin, ich bin auch mal mein Loser.
Und Loser-Doro fühlt sich heute fett. Auch wenn es total unwichtig ist, wie viel man wiegt (bla bla bla).
Jedes Mal, wenn das Gefühl mich überkommt, schimpfe ich im Kopf mit mir selber: hast du nichts Besseres zu tun, als dich um dein Gewicht zu kümmern?/ meine Güte bist du wirklich so eitel?/ es gibt echte Probleme auf der Welt und du jammerst wegen deinem Gewicht? Oh bitte, get a life!
Kurz gesagt: ich akzeptiere nicht nur mein Gewicht nicht, es ist viel schlimmer: ich erlaube mir nicht, mich deswegen schlecht zu fühlen. Ich denke, dass ich falsch bin, dass etwas mit mir nicht stimmt. Und schon mache ich mich selber fertig.
Das alles dachte ich, während ich am Anfang meiner Matte, die Hände in Namaste, auf den Beginn der Stunde wartete. Und als ich fertig gedacht habe, und mir selber erlaubte mich wie ein Loser zu fühlen, fiel das Gefühl (wie 5 kg Ballast hehe) von mir ab. Es war, als ob Frank mich mit seinen Worten entschlackt auf das nächste Level gebracht hätte. Wie bei Mario Kart.
Zum wahrscheinlich ersten Mal erlaubte ich mir, mich wegen Äußerlichkeiten und Banalitäten schlecht zu fühlen. Also fühlte ich mich schlecht. Schlecht, schlecht, schlecht. Du fühlst dich heute aufgedunsen, also fühl dich ruhig schlecht. Du bist eine Frau und du darfst das, denn Frauen fühlen nun mal so. Auch wenn es oftmals von Männern oder den Medien belächelt wird.
Du darfst dich deswegen total mies fühlen. Alles stimmt mit dir, das bist du und das ist dein Gefühl und das darf jetzt da sein. Lass dir jetzt ein Om tätowieren!
Und schwups, war das Gefühl weg. Und als es weg war, musste ich natürlich heulen. Heimlich, klar. Hehe, noch bin ich noch nicht auf dem Level, wo ich vor der gesamten Yogaklasse in Tränen der Dankbarkeit ausbreche 😉 (ich hoffe, dass ich das Level NIE erreichen werde). Ich wischte mir schnell ein, zwei kleine Tränen der Erleichterung aus den Augenwinkeln. Und atmete ganz tief ein, ohne ein schweres Gefühl auf der Brust.
Und öffnete vorsichtig ein Auge, um zu sehen, ob Frank wusste, dass er meine Bomben entschärft hatte. Ich hätte ihm zugetraut, dass er mich stolz und grinsend anschaute, aber er kümmerte sich nicht um mich. Dabei hatte er gerade ein bisschen mein Leben verändert!
Und das, meine Lieben, ist auch Yoga. Die Frau, die den Baum nicht kann, wird sich vielleicht irgendwann erlauben, viel zu wackeln und auch umzufallen. Vielleicht auch nicht. Aber ich habe mir letzten Sonntag erlaubt, mich wegen Nichts wie ein Loser zu fühlen. Das war so geil!
Manchmal darf eben alles sein. Auch wenn man für Kleinigkeiten dankbar sein sollte und sich nur wenig beschweren sollte und nur gute Vibes verbreiten darf und all das.
Aber jedes Kind weiß: ohne die dunkle Seite der Macht, gäbe es keine Jedi 😉
(… oh ich freue mich ja so auf den neuen Star Wars Film! Ihr wisst, warum meine Kinder Luke und Lian Anakin heißen, oder?)
Ach, liebste Doro, ich sach jetzt gar nichts mehr. Ich schwinge stattdessen einfach mit dir. Weil das eben so sein muss. Und ich wundere mich auch nicht mehr. Wegen der Hormone, der Schwachen, der Stärken und wegen des Universums. Und wegen Erfolg und Versagen und wegen vergossener Tränen in der Yoga Stunde. Love this post and love youClaudia xoxo
Haha, danke Sweetie 😉
Ach Super-Doofo, ich finde dich klasse. Und ich danke dir für Posts wie diese, da fühle ich mich schlagartig menschlicher. ;))Liebe GrüßeAnna
Oh wie lieb, danke!
Das tut einfach gut. Falls Du mal ein Buch schreiben solltest – egal worüber – ich kaufe es sofort. Danke.Liebe Grüße Annett7
Haha, na das ist doch mal ein Kompliment! Daaaaanke!