Relationship Diaries: über beste Freundinen (die keine mehr sind)

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Noch bis letztens hier ich mich für einen Crack.
Ich habe ja total viel Ahnung, wie alles so läuft. Ich habe mich und mein Leben im Griff, hey, sogar die Kinder. DIE KINDER AUCH!
Außerdem enttarne ich meine negativen Gefühle und fühle sie. Das macht man so, sagen all die klugen Leute. Fühle kurz das Negative und lasse dann alles gehen! Ooooooom. Also füüüüüüühle ich und sage anschliessend Ciao!

Und plötzlich – aus heiterem Himmel – stolpere ich über das kleine Wörtchen “Verleugnen”.
Ich dachte immer, das wäre etwas für andere (schwache?) (unbewusste?) Menschen. Ich sah es bei einigen Freunden, bei einigen Familienmitgliedern, aber bei mir habe ich doch immer super gut aufgeräumt. Das machen nur die ANDEREN!
Und gestern traf mich der Verleugnungs-Hammer und ich musste es mir eingestehen. Ich verleugne auch.

Denn natürlich ist nicht immer alles gut. Trotzdem, wenn ich mich selber fragen würde, wie es mir geht, würde ich mit “Sehr gut!” antworten. Nicht gut. Sehr gut! Ich fühle und Ciao!
Läuft bei mir. Alle lieben sich, der Job macht Spaß und Geld ist auch ausreichend da. Das Wetter könnte… naja, irgendwas ist ja immer.

Und dann liege ich im Bett, das Licht ist aus und ich frage mich stattdessen

“Warum habe ich auf meinem Weg so viele Frauenfreundschaften verloren?”

Warum hintergehen wir uns, warum sind wir eifersüchtig aufeinander, warum lassen wir uns im Stich oder denken Schlechtes übereinander? Was übersehe ich? Oder soll ich daraus etwas lernen?

Wenn mich eine Freundin verletzt, verfalle ich in Schockstarre, die auch Monate dauern kann. Mal verleugne ich es (ha!!!!) (…”sie hatte bestimmt ihre Gründe”) oder grüble darüber, warum es mich so trifft.
Bis es genug ist und ich entweder sage “Ok, damit kann ich leben” oder “Ciao!”. Wenn ich das denke, ist es plötzlich ganz einfach, sie daraufhin aus meinem Leben gehen zu lassen, dieser Gedanke löst in mir einen Abnabelungsprozess aus und das war es.
Ich jammere zwar und leide und weine und nerve meinen Mann… aber irgendwann ist es ok und das Leben ist auch ohne die eine und auch die andere Freundin schön. Das ist es auch, denn wirklich brauchen tue ich sie nicht. Aber sie fehlen mir, das wurde mir gestern klar. Es fühlt sich an, als wäre jemand gestorben, auch wenn es schon 5, 3 oder 1 Jahr her ist.
Und dann dachte ich, vielleicht ist nicht jemand, sondern etwas gestorben, denn diese Freundschaft wird nie wieder so sein wie es mal war. Aber ist das schlimm?

Nein.

Aber es ist schlimm für mich, den Schutzpanzer abzulegen und zu sagen, dass ich manche Menschen, die ich hinter mir gelassen habe, vermisse. 

Denn das tue ich manchmal, die einen mehr, die anderen weniger. Auch wenn ich es keinem deutlich gesagt habe und es heimlich verboten ist, an die Vergangenheit zu denken (sagen all die klugen Pinterest und Instagram Sprüche á la “Das Leben ist JETZT!”).
Ich weiß auch sehr gut, wie ich das Vermissen umkehren kann und auch hier ins Leugnen komme. Ich brauche nur daran zu denken, wie sie mir wehgetan haben. Und ich es immer wieder zugelassen habe, mich nicht wichtig genommen habe. Und schon ist es vorbei mit dem Vermissen und ich denke puh, gut dass es so ist wie es ist. Und hey, das ist es auch. (CIAO!)
Und trotzdem vermisse ich. Nur was? Die Freundschaft? Ganz ehrlich und ohne zu leugnen: es gibt so viele andere Fische (Frauen) im Teich und somit Freundschaften, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.

Aber vielleicht vermisse ich nicht die Freundin, sondern mich. Jede Person löst ein ganz bestimmtes Gefühl aus. Jedes Lachen ist anders. Vielleicht vermisse ich mich, wie ich lachte, mich wohl fühlte und dachte man würde mich so akzeptieren wie ich bin. Ich vermisse das Gefühl, welches mir die andere Person gegeben hat.

Ich bin süchtig. Nach Gefühlen, die sich gut anfühlen.

Nach dem Gefühl, welches dir eine Freundin bei einem Shoppingbummel geben kann.
Nach dem Gefühl, welches du hast, wenn ihr euch diesen einen, bestimmten Schokoladenkuchen teilt (nicht das ich je Schokoladenkuchen essen würde). Nach dem Gefühl, wenn sie dir (und nur dir) etwas anvertraut.
Wenn sie dich auf einen Salat bei sich zu Hause einlädt und ihr über Beziehungen rätselt = Lästern und Weißwein.
Wenn sie für dich da ist, wenn du einen Babysitter brauchst. Denke an SATC, Samantha und den Vibrator.
Wenn sie mit dir zusammen Weight Watchers macht, weil du noch 6 kg von der Schwangerschaft zu viel drauf hast.
Wenn sie dir zeigt, dass man auch in Umkleidekabinen stillen kann und ihr euch darüber kaputtlacht,

wie du mit dicken, nackten Brüsten bei APROPOS stillst, während sie Klamotten anprobiert.

Wenn sie dich morgens um 7 anruft, um mit dir laufen zu gehen. Jeden anderen würdest du dafür killen, für sie stehst du auf.
Wenn ihr eine Einheit seid, gegen die “uncoolen” Mütter auf dem Spielplatz, im Kindergarten, Schule.
Und wenn sie sofort losfährt, wenn du sie brauchst, ohne dass du sie darum bitten musst.

Es gab so viele wunderbare Frauen, schrecklich verkorkste Frauen und richtig blöde Kühe in meinem Leben. Manche von ihnen kann ich immer noch jederzeit anrufen, wenn ich mal quatschen will. Und sie mich. Dann gibt es die, die ein zu volles Konto haben und die ich niemals wieder anrufen möchte. Aber sie alle haben einen Platz in meinem Herzen und in meinen Gedanken. Meistens leugne ich, dass das so ist. Aber manchmal öffne ich mich. Dann liege ich abends im Bett und vermisse das Gefühl, welches nur sie mir geben konnten.
Und dann, ganz plötzlich, als ich das Vermissen endlich zulasse… geht die damit verbundene Traurigkeit und alles ist gut.
Einfach so.
Und ich weiß, alles ist so wie es sein muss.
Siehste? Gefühlt und … CIAO.
Und ich liebe es.

Fotocredit: Stocksnap.io

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9 Kommentare

  1. Claudia Münster
    16. März 2017 / 7:20 am

    Liebe Doro,ich mag deine neue Serie sehr.Ist es nicht seltsam? Auf diese ganz bestimmte Art kann man nur Ex-Freundinnen vermissen bzw. das Gefühl, das man mit ihnen hatte. Vielleicht liegt es an der Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die man in ganz besonderen Momenten nur mit besten Freundinnen hat. Da werden Momente kreiert, in denen du vergisst, dass du eigentlich klug, vernünftig, gestresst und/oder zuverlässig bist. Dass du die Kids vom Kindergarten abholen, eine Deadline einhalten oder einfach Vernunft vor Spaß setzen musst. Liebste GrüßeClaudia

    • nowshine
      16. März 2017 / 10:11 am

      Das ist so. Und Spaß vor Vernunft setzen ist einfach toll. Gut dass es Menschen gibt, die mich daran erinnern, es so zu leben ;)Lieben Gruß!

  2. Tina O.
    16. März 2017 / 7:45 am

    Danke, dass du dieses "Tabu-Thema" mal offen aussprichst und darüber schreibst. Ich schätze deine Offenheit sehr! Auch ich habe schon Frauenfreundschaften hinter mir gelassen, aus den verschiedensten Gründen. Wir verändern uns stetig und manchmal passt man ab einem gewissen Punkt in seinem Leben nicht mehr zusammen. Das ist der Lauf der Dinge und es ist besser, getrennte Wege zu gehen als krampfhaft an einer Freundschaft festzuhalten. LG, Tina

    • nowshine
      16. März 2017 / 10:11 am

      Dem ist nicht hinzuzufügen!Lieben Gruß!

  3. Madamefou.d
    17. März 2017 / 1:04 pm

    Liebe Doro, du hast so recht, und wie immer wunderbar beschrieben!Freundinnen ändern sich auch oft mit den Lebensumständen, es muss gar nicht zwingend etwas vorgefallen sein weswegen man sich nicht mehr sehen mag. Die Leben driften einfach auseinander und man hat sich nichts mehr zu sagen. das zu erkennen und damit ehrlich umzugehen ist oft nicht einfach!www.ProtectMyHeels.de

  4. Critzel und Cratzel
    17. März 2017 / 8:20 pm

    Wundervoll geschrieben und so voller Offenheit. Die Gefühle die du wegen deiner Freundinnen erwähnt hast, haben dir nie all die Menschen gegeben, sondern immer du dir selbst. Die Menschen (deine damaligen Freundinnen) waren die Leinwand und haben etwas in dir zum klingen gebracht… aber du selbst hast DIR diese wundervollen Gefühle damals gemacht 😉 So empfinde ich es zumindest in meinem Leben. Aber es muss nicht auch deine Wahrheit sein 😉 Danke fürs Teilen.

  5. Paula
    24. März 2017 / 2:18 pm

    Oh je. Welche Änderung oder welcher Auslöser führt bei dir zum endgültigen Bruch? Bei mir ist räumliche Distanz nach wie vor leider ein großer Knackpunkt. Da bin ich eine wirklich schlechte Freundin. In meinen 20ern, wenn sich zuvor schon viel aufgestaut hatte, das nie angesprochen wurde, kam es sehr verletzenden abrupten Enden. Boah, da flossen die Tränen! :'-( Es gibt aber auch das sachte Ende: Kennst du auch das Gefühl, wenn beide Seiten wissen, dass die Freundschaft "ausfadet", man sich nicht verbunden fühlt und es … langweilig miteinander ist? Erschreckenderweise mussten wir feststellen, dass es nicht immer an uns lag. Es konnte auch der Mann einer der Freundinnen sein, durch den die Freundin zunehmend anders wird und die ehemals besten Freundinnen nicht mehr "passen". Nach der Trennung/Scheidung wird sie wieder "die Alte", auf einmal ist "ihr" Charakter wieder da. Oft denke ich mir, es sind Missverständnisse, die zum Bruch führen. Wie wäre es, wenn wir nachdem wir geschmollt haben es auf ein Neues versuchen? Nichts wärmt von innen so sehr wie die lachenden Augen der alten Freundin, wenn ich sehe, wie sie sich darüber freut, dass es mich in ihrem Leben gibt. Auch nach ein paar Jahren Funkstille: das tut sooooo gut. Wenn ich mir vorstelle, dass ich die große Kränkung, den Vertrauensbruch, die mir eine Freundin vor langer Zeit zugefügt hat, nicht hinter mir gelassen hätte, sondern daran festgehalten hätte … Ja klar gibt es auch die, die Geschichte sind. Aus gutem Grund. Da bin ich ganz bei dir. Doch dann gibt es die, wo ein 2. Akt lohnt, nachdem der Vorhang zur Pause gefallen ist. Es ist doch verrückt, dass 1 Handlung, 1 Telefonat, 1 Fehler alles kaputt machen kann. Am Ende hast du wohl einfach viiiel mehr Freundinnen als andere und hast letztlich deshalb immer wieder welche am Weg zurückgelassen: weil es echt viele waren. Ein berührender Text, der mich seit ich ihn gelesen habe begleitet, fast ein wenig mahnt:http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/43747/Der-Geiz-des-HerzensVielleicht passt das nicht ganz, vielleicht aber doch ganz gut. Danke für "food for thought"!ganz liebe Grüße,Paula

  6. nowshine
    25. März 2017 / 8:03 am

    "Welche Änderung oder welcher Auslöser führt bei dir zum endgültigen Bruch? "Nur ein Hochverrat. In meinem Fall ein Hochverrat, der immer und immer wieder passiert ist, über Jahrzehnte. Ich habe die Freundschaft aber gern über mich gestellt, ich grolle nicht, liebe die Person für immer und hoffe, dass sie glücklich ist. Nur ist es jetzt gut, ich mag nicht mehr. Manche Freundinnen haben mich einfach ein Stück des Weges begleitet und dann habe ich andere Menschen kennengelernt und die Freundschaft lief irgendwie langsam aus. Ich liebe es, neue Menschen kennenzulernen, ihre Ansichten zu hören, zu sehen wie sie leben und wer sie sind. Das erweitert meinen Horizont ungemein und inspiriert mich. Ich ziehe auch gerne und viel um, ich bin ein Change Junkie, vielleicht bezieht sich das auch auf meine Freundschaften?Und nein, ich hatte nie sehr viele Freundinnen, ich kann mich immer nur auf 1-2 richtige Freundinnen einlassen, der Rest sind gute Bekannte. Mehr würde mich auch irgendwie überfordern. Ich bin aber sehr gern unter Frauen. Liegt bestimmt an dem Männerhaushalt hier ;).Schönes Wochenende liebe Paula

  7. Cinnamonsroom
    27. März 2017 / 2:54 pm

    Liebe Doro, mal wieder ein wunderbarer Text. Aktueller könnte es für mich nicht sein………Zusätzlich zu den Gedanken, die auch Du Dir machst, kommen bei mir aber immer wieder Selbstzweifel auf. Ich habe zwei- drei Freundinnen, die mich schon über 25 Jahre begleiten. Trotz einer großen räumlichen Distanz (600 Kilometer)und unterschiedlicher Lebenssituationen (ich Single, alle anderen Muddis), sind wir uns unfassbar nah. Bei ihnen bin ich Zuhause, wir lieben uns bedingungslos. Dann sind da meine "neuen" Freundinnen……..und hier ist unglaublich viel Bewegung drin. Je älter ich werde, desto rigoroser und kompromissloser werde ich. Ich bin viel schneller bereit, mich "zu trennen". Wenn ich merke, mir tut ein Mensch nicht gut, dann gehe ich. Aber dann kommen die Zweifel: bin ich zu hart? Reicht mir eine oberflächliche Bekanntschaft? Welche Auswirkungen hat das auf unseren restlichen Freundeskreis? Werde ich kauzig im Alter? Werde ich vielleicht sogar einsam sein irgendwann?Es ist nicht immer einfach, aufrichtig und geradeaus zu sein. Zu anderen und zu sich selbst. Aber ich habe mir vorgenommen, dabei zu bleiben.Ich wünsch Dir eine tolle Woche, voller Begegnungen! LG, Simone

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